Wie viele Wiederholungen sind für maximalen Muskelaufbau optimal?

Ich erinnere mich noch an den Beginn meiner Trainingskarriere, als ich als Teenager ins Fitnessstudio ging und jemanden fragte, ob ich denn 5, 8, oder doch lieber 12-15 Wiederholungen pro Satz machen sollte, wenn Muskelaufbau das Ziel ist. Er meinte: Mach einfach 5×5. Meine Antwort: Aber ich dachte 3×8 ist besser? Er: Ja, es ist eigentlich ziemlich egal, solange du schwer trainierst….

Maximale Konfusion.
Was ist denn nun der beste Wiederholungsbereich beim Training?

Nun, bei jedem Trainingsprogram muss man systematisch vorgehen und etwas Trainingsphysiologie verstehen. Wissen ist schließlich Macht.

Nach dem Lesen dieses Artikels wirst du verstehen, was der optimale Wiederholungsbereich für den Muskelaufbau ist und dir nicht mehr über dieses Thema den Kopf zerreißen.

Warum Wiederholungsanzahl mit relativer Last zusammenhängt

Die Frage: Wie viele Wiederholungen muss ich pro Satz durchführen, um optimalen Muskelaufbau zu erreichen? Lässt sich übersetzten als: Was ist die optimale Trainingslast?

Wenn es um die Last beim Training geht, sprechen Forscher von Trainingsintensität. Trainingsintensität bedeutet also nicht die subjektiv empfundene Anstrengung beim Training, sondern die objektiv messbare Last im Verhältnis zum Maximalgewicht, das du bei einer bestimmten Übung bewältigen kannst, deinem 1 RM.

Eine Trainingsintensität von 80% 1RM bei Kniebeugen würde bedeuten, du trainierst mit einem Gewicht von 80 kg, wenn dein Maximalgewicht für 1 Wiederholung (=1RM) 100kg beträgt.

Die Trainingsintensität zu kennen ist deshalb so wichtig, da sie eng damit zusammenhängt, wie viele Wiederholungen man mit einem bestimmten Gewicht schaffen wird. Wenn du 100% deines 1RM hebst, dann schaffst du per Definition nur 1 Wiederholung.

Bei den meisten Leuten entspricht ein Satz mit 5 Wiederholungen etwa einer Intensität zwischen 85-87% des 1RM.

Hypertrophiebereich?

Ein besonders hartnäckiger Mythos in der Fitnesswelt ist, dass es einen sogenannten Hypertrophie- Bereich gibt, der scheinbar klar definierbar sei. Meistens hört man: „Wenn du Muskulatur aufbauen willst, dann trainiere zwischen 6-12 Wiederholungen pro Satz; alles darüber hinaus trainiert deine Muskelausdauer und alles darunter nur deine Kraft“.

Das stimmt aber leider nicht. Mittlerweile wissen wir, dass sogar Sätze mit nur 30% des 1RM zu ähnlichem Muskelwachstum führen, wie Sätze mit 80% des 1RM, mit der wichtigen Voraussetzung, dass die Sätze bis in die Nähe des Muskelversagens durchgeführt werden. Spaßig ist das beispielsweise bei einer Leg-Press mit 30RM nicht unbedingt ;).

Eine andere Studie zeigt auch, dass 4 Sätze a 3-5 Wiederholungen zu genauso viel Muskelwachstum in allen Muskelfasern führen, wie 3 Sätze a 9-11 Wiederholungen.

Warum kann das sein? Dazu müssen wir verstehen, warum ein Muskel wächst. Ein Muskel wächst nämlich dann, wenn er einer genügend hohen Spannung über eine ausreichende Dauer hinweg ausgesetzt wird.

Um dies zu erreichen, müssen wir unsere Muskeln beim Muskelaufbautraining „ermüden“. Wenn ein Muskel während eines Satzes ausreichend ermüdet wird, rekrutieren die Muskeln alle motorischen Einheiten. Das sorgt dafür, dass sehr hohe mechanische Spannung erzeugt wird, welche den Schlüsselfaktor für maximales Muskelwachstum darstellt.

Egal ob man also einen Pump hat, wenig oder viele Wiederholungen durchführt: Der wichtigste Reiz für den Muskelaufbau ist eine hohe innere Spannung (der angezielten Muskulatur).

Wie erkenne ich „Ermüdung“?

Man kann den Effekt von Ermüdung der Muskulatur dann von außen sehen, sobald sich die Bewegungsgeschwindigkeit bei den ausgeführten Wiederholungen verlangsamt. Wenn Muskelfasern sehr hohe Spannungen erzeugen müssen, verhindert die große Anzahl von Aktin-Myosin-Querbrückenzyklen, die sich an- und abdocken müssen, dass sich die Fasern schnell kontrahieren. Diese mechanische Eigenschaft des Muskelgewebes führt zu der berühmten Kraft-Geschwindigkeits-Relation (force-velocity relationship) des menschlichen Muskelgewebes.

Je höher die Kraftproduktion, desto langsamer die Bewegungsgeschwindigkeit. Aus diesem Grund kann man sein 1RM beim Kreuzheben z.B. nicht besonders schnell anheben (siehe Grafik).

Je höher die Kraftproduktion, desto geringer ist die Bewegungsgeschwindigkeit!

Wenn du bis ans Muskelversagen trainierst, dann ist die maximale Bewegungsgeschwindigkeit bei den letzten Wiederholungen auffallend ähnlich, unabhängig vom Gewicht. Das bedeutet, dass die 12. Wiederholung bei einem 12RM ähnlich aussehen wird wie dein 1RM, also die eine Wiederholung mit deinem Maximalgewicht!

Deinem Muskel ist egal, ob du „wenig“ oder „viel“ Gewicht nimmst, die Fasern „spüren“ ausschließlich mechanische Spannung.

Warum also nicht ständig mit dem 1RM trainieren?

Das Problem bei sehr hohen Trainingsintensitäten (90-100% 1RM) ist, dass du wahrscheinlich insgesamt nicht genügend Zeit unter hoher Spannung hast und deshalb insgesamt weniger Trainingsvolumen akkumulieren kannst, als für maximalen Muskelaufbau optimal wäre. Das müsstest du dann mit der Durchführung von mehreren Sätzen kompensieren.

Wenn du also sehr hohe Intensitäten in dein Programm einplanst (>85% 1RM), dann musst du schauen, dass du genügend Sätze machst. Generell macht es Sinn, bei jedem Satz bei mindestens 4 oder mehr Wiederholungen zu bleiben. Sobald du weniger Wiederholungen pro Satz machst, solltest du deine Satzanzahl erhöhen!

Ein weiterer Grund, nicht ständig mit sehr hohen Intensitäten zu trainieren: Die Gelenke. Es ist zwar wichtig, dass du genügend hohe Intensitäten in dein Training einbaust, damit sich auch deine Sehnen anpassen können, aber du musst darauf achten, dass dein Bindegewebe gesund bleibt.

Trotzdem kann eine bestimmte Sehnengröße wahrscheinlich nur ein bestimmtes Maß an Muskelmasse stützen. Starke Muskeln mit schwachen Sehnen machen anfälliger für Verletzungen.

Je trainierter, desto mehr Intensität?

Ein sehr wichtiger Faktor bei der Trainingsplanung ist der Trainingsstatus eines Muskels. Grundsätzlich gilt: Je weiterentwickelter ein Muskel ist, desto höhere Intensitäten müssen ins Training eingebaut werden, um maximale Fortschritte zu garantieren.

Dies gilt vor allem für größere Verbundübungen wie Kniebeugen, Kreuzheben, Klimmzüge, Bankdrücken, etc.

Das liegt daran, dass fortgeschrittene Trainierende beim Training mit höheren Intensitäten eine höhere Muskelaktivierung erreichen können als weniger trainierte Personen. In anderen Worten, jemand der noch nicht sehr trainiert ist, kann noch nicht seine ganze Hardware ausreizen (siehe Grafik unten).

Je trainierter eine Person ist, desto eher profitiert sie von höheren Intensitäten beim Training!

           

Das Problem bei sehr hohen Wiederholungsbereichen

Insgesamt macht man natürlich bereits vieles richtig, wenn man große Verbundübungen zumindest teilweise mit höheren Intensitäten trainiert. Das stellt generell sicher, dass man hart genug trainiert. Wenn man jemandem sagt, er oder sie solle im 20RM Bereich trainieren, haben wir das große Problem, dass viele Leute sobald sie sich in der Nähe der 15. Wiederholung befinden, eine mentale Blockade haben werden und nicht unbedingt maximale Anstrengung zeigen, sondern einfach bei etwa 15 aufhören.

Die einzige Ausnahme bilden Trainingsanfänger. Da sie noch sehr „empfindlich“ auf Trainingsreize reagieren, sind noch keine höheren Intensitäten nötig, um gute Fortschritte zu erzielen.

Das bedeutet, bei einem Anfänger reicht es aus, wenn man mit einer Intensität von etwa 60% des 1RM trainiert.

Fazit

Das Ziel beim Training sollten immer Fortschritte in deiner Leistung sein. Das können mehr Wiederholungen (bei gleichem Gewicht) oder mehr bewältigtes Gewicht (bei gleichbleibender Wiederholungszahl) sein.

  • Fakt ist, alle Lasten zwischen ca. 30-90% des 1RM können für den Muskelaufbau effektiv sein.
  • Je fortgeschrittener du im Training bist, desto mehr profitierst du von höheren Intensitäten (%1RM).
  • Das wichtigste ist, dass deine Muskeln progressiv einem höheren Stress ausgesetzt sind als zuvor, nur so hat dein Körper Grund genug, sich an den harten Stimulus anzupassen und größer und stärker zu werden.

Sobald du kein Anfänger mehr bist, deutet ein verbessertes 5RM, 8RM oder sogar 3RM im Vergleich zum Vormonat/-jahr darauf hin, dass du Fortschritte gemacht hast und mit hoher Wahrscheinlichkeit Muskelmasse aufgebaut hast.

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