Lean Bulk vs. Dirty Bulk: Der optimale Kalorienüberschuss für den Muskelaufbau

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Wie viele Kalorien benötigt dein Körper für optimalen Muskelaufbau? Solltest du lieber lean bulken, also einen kleinen Kalorienüberschuss anstreben oder doch lieber dirty bulken und eine heftige Menge mehr Energie (kcal) jeden Tag zu dir nehmen, um so vermeintlich noch schneller Muskulatur aufzubauen. 

Was die Vor- und Nachteile eines lean- bzw. dirty bulks sind, schauen wir uns in diesem Artikel genauer an. 

So kannst du für dich entscheiden, welche Art und Weise sich besser in deinen Lebensstil einbauen lässt.

Kalorienüberschuss, um Muskeln aufzubauen?

Du möchtest Muskulatur aufbauen. Wann? Am besten schon gestern. Es liegt in unserer Natur, Dinge so schnell wie möglich haben zu wollen. Gängige Bodybuilding-Weisheiten besagen, dass du in einem 

  • Kalorienüberschuss sein musst, um Muskulatur aufzubauen
  • Kaloriendefizit sein musst, um Fett zu verlieren

Es stimmt zwar nicht ganz, dass man keine Muskulatur aufbaut, wenn man sich in einem Kaloriendefizit befindet (vor allem bei Anfängern ist dies problemlos möglich) aber wir wissen, dass wir für optimale Muskelaufbauraten netto über die Zeit hinweg in einem Energieüberschuss sein sollten.

Wenn Muskelaufbau dein Ziel ist, stellt sich nun die Frage, wie hoch dieser Überschuss optimalerweise sein sollte – denn, wir wollen ja nicht unnötig Fett aufbauen. 

Und hier können uns die Wissenschaft und die Erfahrungen zahlreicher Athleten eine Richtlinie geben. Schauen wir uns zunächst an, was wir für wissenschaftliche Daten dazu haben.

Häufig werden umgangssprachlich ein geringer Kalorienüberschuss als “lean bulk” und ein größerer Kalorienüberschuss als “dirty bulk” bezeichnet. 

Lean bulk vs. dirty bulk: Die Studienlage

Bei Trainingsanfängern zeigt uns eine qualitativ hochwertige Untersuchung, dass das Hinzufügen eines hochkalorischen Supplements nach dem Training zu deutlichen Erhöhungen im Körpergewicht nach 8 Wochen Training führte, wobei das meiste des zugenommenen Gewebes tatsächlich Muskulatur (fat-free mass, FFM) war (siehe Grafik unten). Die durchschnittliche Kalorienzufuhr war deutlich höher in den Supplement-Gruppen.

PRO+CHO (Protein+Kohlenhydrat-Supplement, CHO (Kohlenhydrat-Supplement) und CTRL (Kontrollgruppe); BW=Körpergewicht, FFM=Fettfreie Masse, FM=Fettmasse.

Eine weitere Untersuchung an untrainierten Männern zeigte, dass bei fast gleicher Proteinzufuhr (1,5g/kg/d vs. 1,4g/kg/d), eine “dirty bulk” Gruppe gleich viel Muskulatur aufbaute, wie eine Gruppe mit weniger hoher Kalorienzufuhr (2982kcal vs. 2518 kcal), allerdings baute die dirty-bulk Gruppe 2kg Fett auf, wohingegen die lean-bulk Gruppe nur 1kg Fett zunahm.

Eine Studie von Garthe et al. (2013) konnte bei Elitesportlern zeigen, dass eine 0,2 % Erhöhung, im Vergleich zu einer 0,4% Erhöhung des Körpergewichtes pro Woche, zu ähnlichen Kraftsteigerungen und Muskelmassezunahmen führte. Der große Unterschied zeigte sich in der Zunahme der Fettmasse, welche mehr als das 3-Fache höher war in der Gruppe, die schneller an Körpergewicht zunahm.

Zusammenfassung:

Dies legt nahe, dass man es mit dem Überschuss auch übertreiben kann und seine Muskelaufbaurate ab einem bestimmten Punkt nicht mehr verbessert, sondern rein zusätzlichen Fettaufbau begünstigt. 

Es kann aber trotzdem sein, dass man mit einem enormen Überschuss über lange Zeit die absolut besten Muskelaufbauraten (aber natürlich auch mit einhergehendem Fettaufbau) erzielen kann, denn wir sehen beispielsweise bei Sumo-Ringern, dass solche Personen auch sehr hohe dokumentiere Werte hinsichtlich fettfreier Masse (=Muskulatur) zeigen.

Muskelaufbaurate: Individuell?

Die Daten der Garthe et al. (2013) Studie zeigten etwas sehr Spannendes: Wie unterschiedlich der Verlauf des Muskelaufbaus in den einzelnen Individuen war.

NCG: 0,4% Körpergewichtszunahme pro Woche, ALG: 0,2% Körpergewichtszunahme pro Woche. Das Diagramm zeigt die relativen Veränderungen der Muskelmasse (Zeitraum: 8-12 Wochen); Quelle: Garthe et al. (2013)

Wie ihr erkennen könnt, gab es sowohl in der Gruppe mit dem höheren Energieüberschuss (NCG), als auch in der Gruppe mit dem geringeren Energieüberschuss (ALG) jeweils 2 Personen, die Muskeln abbauten. Und das bei 4 Krafttrainingseinheiten pro Woche zusätzlich zu ihrem sportspezifischem Training. 

Außerdem gab es enorme Unterschiede dahingehend, wie viel Muskulatur die einzelnen Personen aufbauten. Die besten “Muskelaufbauer” zeigten etwa 8 bzw. 7 Pfund an zugelegter Muskulatur, während einige weniger als 1 Pfund zulegten.

Das zeigt uns, dass nicht nur der Kalorienüberschuss an sich eine Rolle spielt, sondern dass der Muskelaufbauprozess ganz stark von Individuum zu Individuum variiert (zumindest beim gleichen Trainings- und Ernährungsprogramm). Die wichtigste Komponente, die wir kennen, welche mit der Rate des Muskelaufbaus negativ korreliert, ist der relative Trainingsfortschritt. Für eine Richtlinie darüber, wie man seinen Muskelaufbau angehen kann, empfehle ich dir gerne meinen Übersichtsartikel Muskelaufbau: So wirst du vom Lauch mit Bauch zum Magnet als Muskelpaket.

Eine ältere Studie, wo Personen – ohne Training – über 3 Wochen hinweg überernährt worden sind (+19000-38000kcal) konnte zeigen, dass 38,4% des zugenommenen Gewichts aus fettfreier Masse (~Muskulatur) bestand.

Zusammen genommen spielt also der Überschuss allein tatsächlich eine signifikante Rolle. Wie groß der Effekt des Überschusses an sich ist und was den optimalen Überschuss ausmacht, hängt aber stark von der individuellen Situation ab. Dinge wie Trainingsstatus, genetische Faktoren, Schlaf, Erholung, Verdauung uvm. spielen hier voraussichtlich eine Rolle.

Fazit: Lean Bulk vs. Dirty Bulk

In diesem Artikel haben wir uns angesehen, welcher Kalorienüberschuss optimal für eine Muskelaufbauphase ist. Dabei stellen wir fest, dass ein 

  • leichter Überschuss im Üblichen ausreicht, um die Muskelaufbauprozesse (fast) zu optimieren. Jeglicher weitere Überschuss führt zu unnötigem, oft unerwünschtem Fettaufbau.

Außerdem liegen den Konzepten eines lean- vs. dirty-bulks auch nicht besonders gesunde, ausgeglichene Perspekten zugrunde. Lean oder dirty suggeriert uns: entweder du bleibst schlank oder du wirst einfach dick und maximierst deinen Muskelaufbau -> Hallo Körperbild-Wahrnehmungsverzerrungen!

Wie hoch ihr euren Kalorienüberschuss ansetzt, ist letztlich euch überlassen. Bedenkt aber der Übersicht halber Folgendes:

  • Sehr hohe Körperfettanteile können mit erhöhten chronischen Entzündungswerten und hormonellen Nachteilen (z.B. reduziertes Testosteron) einhergehen.
  • Sehr geringe Körperfettanteile können ebenso mit hormonellen Nachteilen einhergehen (z.B. reduziertes Testosteron, erhöhtes Cortisol), weshalb es sich nicht empfiehlt, zu schlank zu bleiben in einer Muskelaufbauphase.

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